Wir benötigen eine Re-Form unserer Institutionen. Sie wurden im 19. und 20. Jahrhundert entworfen und gestaltet, aber sie passen in dieser Form nicht mehr zu den aktuellen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Innovationsfähigkeit, die sie begründete, wurde durch ihre lange Erfolgsgeschichte überlagert.
Der aktuelle Zustand, strukturell und mental, lässt sich daher prägnant mit einem Zitat Churchills beschreiben, first we shape the architecture then the architectures shapes us. Dieser Satz enthält die Erklärung unserer institutionellen Gegenwart, aber auch eine Ermutigung für die Zukunft. Denn wir werden nicht nur durch die Organisationen von gestern geprägt, sondern können sie auch heute wieder zukunftsfähig für morgen umgestalten. Es geht heute um das Government Design von morgen. Nichts spricht dagegen, wieder zum aktiven Gestalter unserer Institutionen i.S. eines re-shaping zu werden. Es ist eine Frage unserer Haltung. Wir haben es in der Hand.
Das Government Design von morgen stellt sich der Komplexität und Vernetzung der Gegenwart in ihrer Volatilität, Unsicherheit, Ambiguität und den daraus resultierenden wicked problems. Es ersetzt die Tradition der Trennung, der Abgrenzungen und Versäulungen durch einen neuen Standard, der Kooperation by default.
Die Regierungs- und Verwaltungsorganisationen der Zukunft gestalten gleichzeitig sowohl den staatlichen und gesellschaftlichen als auch ihren eigenen Umbau (re-design). Diese Transformation benötigt Stabilität und Wandel gleichzeitig. Sie setzt hierfür eine neue strukturelle Elastizität der Organisation voraus. Ein organisationales Gewebe (fabric), eine Textur, das alte Erfolgsfaktoren wie Expertentum und Wissen mit neuen agilen Ansätzen und Haltungen intelligent zu neuen organisationalen Routinen verwebt. Sie orientieren sich dabei an dem Nordstern, einer freien, offen und kooperativen Gesellschaft als Zielbild. So werden Institutionen zu Beschleunigern und Katalysatoren einer wirksamen und nachhaltigen organisationalen Transformation.
Zur Beschreibung dieser Organisationen der nächsten Generation benötigen wir Bilder und Begriffe – ein neues Alphabet mit einer Grammatik für eine Organisationstextur, die es ermöglicht individuell-angepasste, aber im Verbund dennoch handlungsfähige Organisationen zu entwickeln und zu bauen. Es geht um das institutionelle Capacity-Building für das 21. Jahrhundert, das Erweitern der wirksamen und transferorientierten Handlungsfähigkeit.
Die neue Organisationsgrammatik ist nicht starr, sondern ermöglicht es, Organisationen situationsgerecht und wirkungsorientiert zu gestalten. Sie ermöglicht und erleichtert die Weiterentwicklung der Organisationen, ihrer Strukturen, der Prozesse und Personen. So wird eine kontinuierliche und stabilisierte Transformation ermöglicht. Organisationen könnten sich zirkulär entwickeln, aufbauen, abbauen und neu zusammensetzen. Derart gestaltete Organisationen sind fit für und Teil des regenerativen Zeitalters.
Zukunftsfähige Institutionen und Organisationen verfügen über Strukturen, Prozesse und Personen, die die Transformation zu einer regenerativen Gesellschafts- und Weltgestaltung ermöglichen. An die Stelle der bisherigen linearen Modernisierung, die den Ressourcenverbrauch in der Gegenwart ohne Rücksicht auf die Folgen in der Zukunft, fördert, tritt ein zirkuläres Denken. Ein regeneratives Selbstverständnis bedeutet für Organisationsstrukturen eine kontinuierliche und reversible Anpassung an die Veränderungen. Es erzeugt Stabilität durch Wandel.
Die zentrale Bedeutung und tragende Rolle von Organisationen in der Transformation wird unterschätzt und vernachlässigt. Denn die Lösung von Problemen ist nicht allein eine Frage des inhaltlichen Wissens, sondern auch der Formen des Handelns und Organisierens. Organisationen sind Katalysatoren des Wandels.
Haltung ist nicht nur die Eigenschaft von Personen, sondern manifestiert sich auch in der Struktur und im Design von Organisationen. So wie Haltung Werten eine Form gibt, verkörpert das Organisations-Design die Haltung der Organisation in ihren Beziehungen, intern wie extern. Resonanz und Wirksamkeit haben einen neuen Beziehungsstandard, die Kooperation „by default“.
Die Welt ist – und war schon immer – komplex. Klare Hierarchien und anerkannte Abgrenzungen haben die Orientierung lange Zeit erleichtert, aber sie verlieren mehr und mehr an Gültigkeit. Die Organigramme der Zukunft sind Organisationslandkarten. Eine Kartographie der Kooperation, der omnilateralen Kooperationsfähigkeit. Sie beschreiben Lösungen für eine Zusammenarbeit über Abteilungs-, Organisations- und Sektorengrenzen sowie Ebenen hinweg. Sie ermöglichen ein kollektives Handeln innerhalb der Organisation und im Verbund des Ökosystems.
Das vorhandene Wissen wird wirksam, wenn es umgesetzt wird. Das Design der Transformation betrifft auch die Organisation selbst. Regenerative Organisationen verfügen über eine Reihe neuer Gestaltungsprinzipien.
Die Arbeit in Netzwerken und bei Systemlösungen geschieht über Grenzen hinweg. Ein responsives Organisationsdesign ist beziehungskompetent, schafft Vertrauen und macht Organisationen sprach- und handlungsfähig gegenüber anderen Akteuren. So werden Organisation vertrauenswürdig, umweltsensibel und resonanzfähig.
Resonanz bedeutet auch Sensibilität für atmosphärische Veränderungen und weak signals. Diese seismografische, quasi-emotionale Fähigkeit der Organisation führt zu Strukturen, die sich fluid an eine gewandelte Umwelt anpassen. In ihre institutionelle DNA ist Offenheit und Achtsamkeit durch Respekt vor dem anderen eingewoben, nicht nur als Mindset, sondern auch im strukturellen und prozeduralen Organisationsdesign.
Zukunftsorientierte und -fähige Organisationen handeln langfristig und herkunftssensibel. Sie sind zukunftsoffen und zufallssensibel. Sie nutzen ihre Umweltsensibilität zur Entwicklung einer enkelgerechten Perspektive für das Handeln der Organisation und den Ausbau ihrer Resilienz.
Das Government-Design der Zukunft ermöglicht den produktiven Umgang mit Paradoxien für eine immer weniger eindeutige Welt. Das Design neuer „Sowohl-als Auch-Organisationen“ erweitert den Handlungsspielraum der Organisationen. Sie oszillieren zwischen Binnenanforderungen und sich wandelnden Rahmenbedingungen für mehrdimensionale Lösungen.
Das Government-Design der Zukunft arbeitet in Netzwerken, gestaltet Schnittstellen und baut partizipatorische Architekturen. Damit diese funktionieren können, muss ihre Architektur von einer Haltung der strukturellen Diplomatie und die Mitarbeiter:innen von einem diplomatischen Mindset geprägt sein. Merkmale sind der offene Umgang mit dem Fremden, Sprachfähigkeit, Interessenvertretung und Lösungsorientierung im Bewusstsein kollektiver Entscheidungsnotwendigkeit und -fähigkeit.
Künstliche Intelligenz (KI) wird in unserem Leben ein zentraler Faktor bei der Gestaltung von Organisationen und Prozessen, auch wenn die Wirkungsdimensionen erst noch ausbuchstabiert werden müssen. Die KI wird zum Design-Komplizen des Menschen bei der Gestaltung der Organisation von Morgen.
Die Transformation benötigt Beschleunigung. Im Gegensatz dazu entschleunigen unsere aktuellen Organisationsstrukturen. Die Fähigkeit, erfolgreiche und transferorientierte Lösungsansätze in Organisationen schneller zu implementieren und zu replizieren, um sie wirksam in die Breite zu tragen und kontinuierlich anzupassen, wird zum Überlebensfaktor.
Institutionen und Organisationen, aber auch Governance-Strukturen organisieren Herrschaft, mal eher hierarchisch mal eher horizontal. Es gibt keine machtfreien Organisationen oder Räume. Erfolgreich wird innovatives Institutionsdesign, wenn es Macht, Interessen und Nutzen beim Verbinden der Punkte berücksichtigt. Denn Macht und Interessen sind die beiden Elefanten im Raum, auch der neu designten Institutionen.
"Redesigning Government for a regenerative age"
Fragmentierte Innovationsansätze- und methoden zu einem Mosaik zusammefügen
Den Fokus von Inhalten zu Organisationen und deren Strukturen lenken
Design von regenerativen Organisationsstrukturen, die den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sind.
Siloübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen, um komplexe Probleme zu lösen
Schaffung von Experimentierräumen
Methoden vermitteln: Aus- und Weiterbildungsangebote für Organisationen und deren Mitarbeiter (“Organisationen sind auch nur Menschen”)